VON KLAUS ACKERMANN
Offenbach – Streichquartette waren Trumpf beim zweiten Konzert im André-Jubiläumsjahr. Wiederum aus dem reichhaltigen Verlagsarchiv entlehnt, kamen Werke des Musikverlegers Johann Anton André und von Wolfgang Amadeus Mozart zu gutem Ton, den das André-Duo und das Polish String Quartet Berlin garantierte. Nicht im Unklaren über den damaligen, auch vom André-Verlag befeuerten musikalischen Zeitgeist ließ Offenbachs Kulturchef Ralph Philipp Ziegler, Moderator eines spannenden Kammerkonzerts.
Schon der Spielort, die gut besuchte Französisch-Reformierte Kirche, Gotteshaus der ihres Glaubens wegen aus Frankreich geflüchteten Familien André, Bernard und D’Orville, die eine kulturelle Blüte Offenbachs im späten 18. Jahrhundert bewirkten, schafft die besondere Atmosphäre. Die großzügige Akustik des Kirchenraums schärft zudem den Sinn für subtilen wie dramatischen Streicherklang.
Eingestimmt auf den Verleger, Komponisten und profunden Musiktheoretiker Johann Anton André (1775-1842) hat dessen Grand Duo Nr. 1 D-Dur, schon beim Auftaktkonzert zwei Tage zuvor zu erleben. Verblüffenderneut Strahlkraft und klanglicher Durchzug eines Werks, das Liedhaftes wie Dramatisches mit spielerischem Raffinement verbindet.
Die Geiger Tomasz Tomaszewski und Piotr Niewiadomski, als Konzertmeister der Deutschen Oper Berlin und des Offenbacher Capitol Symphonie Orchesters überragende Praktiker, firmieren seit zwei Jahren als André-Duo. Und haben die Musik ihres Namensgebers gründlich verinnerlicht, steigern deren Erlebniswert auch beim Streichquartett Nr. 1 C-Dur, in der kammermusikalischen Königsdisziplin vereint mit Sebastian Sokól (Viola) und Weronika Strugala am Violoncello.
Allegro briso ist der erste Satz überschrieben – ausgelassen fröhlich entwickelt sich eine Kammermusik, die auf hitverdächtigen Volksliedern fußt, welche ein munteres Eigenleben entwickeln. Im behaglichen Andante, vom makellos und intensiv musizierenden Quartett lustvoll erkundet, scheint der Romantiker Schubert schon nahe.
Beim Menuetto (Allegro scherzoso ma brioso) wirken griffige Themen immer wieder aufs Neue gewendet und im Walzertakt süffig ausgespielt. Denn zu Andrés Lebzeiten waren die Unterschiede zwischen E- und U-Musik noch fließend.
Einprägsame Themen auch im Finalsatz, der nur scheinbar leichtfüßig daherkommt, sondern Andrés Wissen um mannigfaltige musikalische Formen dokumentiert. Schließlich hat der Offenbacher Verleger auch über Fugen nachgedacht und ein erstes Tonsatz-Lehrbuch herausgegeben.
Dass sich der Komponist André nicht vor Mozart verstecken musste, offenbarte final das als Partitur in Offenbach erschienene, berühmte Dissonanzen-Quartett des Salzburger Genies. Seinen Beinamen hat das C-Dur-Opus KV 465 von den schneidenden Klängen zum Auftakt, trübe Gedanken beschwörend, die ein schwungvolles, die vier Streicher auch solistisch stark beschäftigendes Allegro vergessen macht.
Zeit der Empfindsamkeit im Adagio, ein Menuetto mit auffälligen Wechseln zwischen Dur und Moll. Und ein Finale, bei dem der erste Geiger seine hohe Virtuosität bezeugt – auch mit Mozart ist das fabelhafte Polish String Quartet auf Du und Du.
Quelle: Offenbacher Post